Predigen geschieht nicht nur durch das Wort, sondern auch durch die Tat; das lässt sich am Beispiel kirchlicher Architektur veranschaulichen. Der wohl bekannteste Architekt der Niederlande, Pierre Cuypers (1827-1921), „predigte“ durch den Entwurf von hundert Kirchen, von denen immerhin 70 realisiert wurden.
Cuypers studiert ab 1844 an der Kunstakademie in Antwerpen; dort unterrichteten Pioniere der belgischen neugotischen Architektur. Anschließend (1851) arbeitet zunächst als Stadtarchitekt in seiner Heimatstadt Roermond und eröffnet eine Werkstatt, in der kirchliche Kunst hergestellt wird. Dieses Atelier war in einer Residenz untergebracht, in die 1853 auch die Familie einzieht – heute das „Cuypershuis“. Als seine Frau früh verstirbt, heiratet Pierre Cuypers 1859 Antoinette Catharine Thérèse Alberdingk Thijm.
Cuypers‘ kirchliche Arbeiten sind anfangs stark von der gotischen Architektur Frankreichs im 13. Jahrhundert geprägt, die Cuypers in Backstein übersetzte. Ab 1870 wird sein Stil zunehmend von den einheimischen Gotik der Niederlande sowie von der aus anderen Ländern wie Norwegen und Italien beeinflusst.
In einer Kombination aus Renaissance und Gotik entwirft er in den späten 1870er Jahren das Amsterdamer Rijksmuseum, das heute als Nationalmuseum der Schönen Künste dient. Auch den dortigen Hauptbahnhof hat Cuypers zwischen 1881 und 1889 konzipiert und umgesetzt. Sie beiden Hauptstadtbauten zählen zu seinen berühmtesten Werken. Zu seinen großen Restaurierungsaufträgen gehörte auch der Mainzer Dom, den im romanischen Stil ausführte. Außerdem entwarf und realisierte viele Klöster und Kapellen.
Pierre Cuypers starb vor 100 Jahren, am 3. März 1921, und wurde als Laien-Dominikaner im Habit des Predigerordens auf ‚Het oude kerkhof‘ („Alter Kirchhof“) in Roermond begraben.
Norbert Chabakuk Schmeiser